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China will gutes Verhältnis zu Deutschland in die Ampelregierung retten: „Wichtigste Beziehungen der Welt“

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Von: Christiane Kühl

Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz beim Händedruck mit Chinas Vize-Ministerpräsident Liu He
Bundeskanzler Olaf Scholz ist ein alter Bekannter in China: Hier bei einem Besuch in Peking als Finanzminister und Vizekanzler mit dem chinesischen Vize-Ministerpräsidenten Liu He © Florian Gaertner / Imago / Photothel

Deutschland war immer einer der wichtigsten Ansprechpartner Chinas. Das will Peking auch unter der Ampelregierung erhalten - und setzt dabei vor allem auf den neuen Kanzler Olaf Scholz.

Peking/Berlin/München – China sorgt sich offenbar um die künftige Zusammenarbeit mit Deutschland unter der neuen Ampelregierung. Peking begrüßte den neuen Bundeskanzler Olaf Scholz* daher diese Woche mit einer Charmeoffensive. Nicht nur Staatschef Xi Jinping gratulierte Scholz zum Amtsantritt. Auch Ministerpräsident Li Keqiang* griff zum Telefonhörer. Und was er sagte, zeigt die Bedeutung, die Deutschland nach wie vor für China hat: Er beschrieb das Verhältnis zwischen Deutschland und China laut dem Staatsfernsehen als „die wichtigsten bilateralen Beziehungen in der Welt“.

Bis vor kurzem noch galt das Verhältnis zwischen China und den USA als die weltweit wichtigste Zweierbeziehung. Angesichts der Spannungen mit Washington werden Deutschland und die EU allerdings immer wichtiger für die Regierung in Peking. Xi sagte daher, China* strebe ein „neues Niveau“ der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit an. Die Hoffnung ist offenbar groß, dass sich am Ende doch der deutsche Pragmatismus in der Ampel durchsetzt.

Pekings Regierung hat stets betont, wie sehr China die Zusammenarbeit mit Deutschland schätzt. Die wirtschaftliche Verflechtung ist groß. Vor allem für die deutsche Autoindustrie ist China der größte Absatzmarkt* überhaupt. Aber auch viele Mittelständler sind in China erfolgreich aktiv, Autozulieferer ebenso wie Maschinenbauer* und andere Branchen. Angela Merkel reiste als Kanzlerin daher stets mit einer großen Unternehmensdelegation in die Volksrepublik. Sie setzte trotz aller politischen Differenzen stets auf Dialog und Zusammenarbeit. Dafür wurde sie in Europa auch immer wieder kritisiert. Doch in Peking schätzte man diese Linie.

China möchte kooperatives Verhältnis auf Ampel-Regierung übertragen

Davon möchte man nun soviel wie möglich in die Ära Scholz hinüberretten. Xi Jinping* beschrieb China und Deutschland nach Angaben des Staatsfernsehens als „umfassende strategische Partner“ und sprach sich für eine Ausweitung der Zusammenarbeit aus. Die Volksrepublik sei bereit, „das gegenseitige politische Vertrauen zu festigen und zu vertiefen, und den Austausch und die Zusammenarbeit mit Deutschland in verschiedenen Bereichen auszubauen.“

Beobachter wiesen darauf hin, dass die Kommunistische Partei angesichts der deutlichen Kritik der neuen Außenministerin Annalena Baerbock* an China vor allem gute Beziehungen zu Kanzler Scholz aufbauen will. Von dem früheren Vizekanzler erhofft man sich offenbar eine gewisse Kontinuität. Baerbock hatte sich kurz vor ihrem Amtsantritt für mehr Klartext im Umgang mit China ausgesprochen*. Schon länger plädiert sie für eine Mischung aus „Dialog und Härte“. Chinas Botschaft in Berlin reagierte erwartbar verschnupft auf Baerbocks Ansagen:  „Was wir brauchen, sind Brückenbauer anstatt Mauerbauer.“ 

Außenpolitik: Wie werden Scholz und Baerbock zusammenarbeiten? Auch wichtig für China

Wie gut die Zusammenarbeit zwischen Scholz und Baerbock in der Außenpolitik funktionieren wird, ist eine der spannenden Fragen für die ersten Monate der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP. Scholz hat sich in der China-Politik noch nicht positioniert. Beide, Scholz und Baerbock, haben aber angekündigt, sich außenpolitisch eng mit Frankreich und mit der EU* abzustimmen. Baerbock betonte am Donnerstag in Brüssel, mehr strategische Souveränität Europas etwa gegenüber Russland und China bedeute, „dass wir überall dort Kooperation suchen, wo es möglich ist – und dort eigenständiges Handeln verstärken, wo es nötig ist.“ Dies sei „nicht nur eine militärische Frage, sondern vor allen Dingen eine Frage von Diplomatie, von Rechtsstaatlichkeit und einem starken wirtschaftlichen Zusammenarbeiten in der Europäischen Union“.

USA: Weiter auf Konfrontationskurs gegen China - Ex-Kanzler Schröder warnt vor zuviel Härte

Vor allem die USA dringen derweil darauf, China als „Systemrivalen“ mit mehr Härte zu begegnen. Diese Woche verabschiedete das US-Repräsentantenhaus zum Beispiel ein Gesetz, das Importe aus der Region Xinjiang verbietet, wo China bis zu einer Million Uiguren in Umerziehungslagern festhalten soll. Auch führen die USA schwarze Listen chinesischer Firmen, an die US-Unternehmen nicht liefern dürfen.

Scholz‘ Parteifreund, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder*, hatte dagegen kürzlich in zwei Interviews vor zu viel Konfrontation in der China-Politik gewarnt. Unter anderem betonte er, es sei „gut und richtig, wenn wir unsere Haltung selbstbewusst erläutern - aber bitte immer mit Respekt vor einem Land wie China.“ Auch Schröder war stets mit vielen Wirtschaftsvertretern nach China gereist. Die Menschenrechtsthemen überließ er damals eher seinem Außenminister Joschka Fischer von den Grünen. So stellt sich das Peking vielleicht auch für die Ampel vor. (ck/mit Material von dpa und AFP) **Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.